Gibson Les Paul Faded DC- Doppelt gut

ein Test von Hansi Tietgen

Obwohl man den Namen Les Paul schon fast instinktiv mit dem legendären Singlecut Design der Ur-Paula in Verbindung bringt, hatte Gibson von jeher immer wieder sehr attraktive Double-Cutaway Versionen des Bestsellers im Angebot. Dabei war es, neben der "einmotorigen" Les Paul Junior DC (kam mit einem Bridge-Pick-Up), gerade die mit zwei Tonabnehmern bestückte Les Paul Special, die die Freunde des etwas anderen LP Erlebnis in ihren Bann zog. Nach jahrelanger Abstinenz in Sachen Double Cut Special, verwöhnt die Kultfirma aus Nashville jetzt wieder mit einer ganzen Palette cooler "Zweireiher".

KK Korpus und Konzept

Mit der vorliegenden Les Paul Faded DC bietet Gibson jetzt eine Variation des Dauerbrenners an, die als eine echte Hommage an die Good Ole Days bezeichnet werden kann. Das fängt schon beim Finish an. Die unter der Bezeichnung "Worn" firmierende Lackierung atmet den Geist alter Vintage Instrumente, deren Finish im Laufe der Jahre an Glanz verloren, aber an Stil gewonnen hat. Selbst die Abnutzungserscheinungen, die ein Lack mit zunehmenden Alter erfährt, ahmt das spezielle Lackierverfahren perfekt nach. Und auch der gewählte Gelbton schlägt eine direkte Brücke in die Swingin´ Fifties. Damals trug die Kultfirma dem Siegeszug des noch jungen Fernsehns Rechnung, indem sie eine Gitarre vorstellte, die, dank ihrer Farbe "TV Yellow", auch im seinerzeit noch schwarzweißen Pantoffelkino eine gute Figur machte. Und das war marketingtechnisch gar nicht so abwegig, schließlich hatte der Namensgeber der Gitarren-Serie Lester Pollfuss (Künstlername Les Paul) in den 50er Jahren eine eigene Fernseh Show, in der Gibson die Gitarren mit dem telegenen Finish gewinnbringend präsentieren konnte.

Aber das ist bei weitem noch nicht alles, was den Kenner an die, wegen ihrer geringen Auflage heutzutage sehr wertvolle "TV" erinnert. Genau wie ihre Vorfahrin kommt auch die aus Mahagoni gefertigte Faded mit einem kontrastreichen schwarzen Schlagbrett und schwarzen P-90 Soapbar Pick-Ups (dazu später mehr). Die PUs werden über einen gibsonstyle 3-Wege Toggle-Switch geschaltet, der, wegen des zweiten Cutaways, vom Les Paul üblichen Platz in den "Bedienbereich" der Gitarre umziehen musste (ähnlich wie bei der SG). Kontrolliert werden die beiden P-90 über zwei separate Volume-, und Tone-Regler (Poti-Knöpfe im Black Top Hat-Design). Die verwendete Bridge/Saitenhalterung ist ein Zugeständnis an die Funktionalität. War die "Original-Gitarre" aus den späten 50er Jahre noch mit einem sogenannten Wrap-Around Steg ausgestattet, einer sehr einfachen Kombination aus Saitenhalter und Brücke, kommt die Les Paul Faded mit einem bewährten Stoptail-Piece und der praktischen Tune-o-matic Bridge. Das geniale System wurde bereits 1955 entwickelt und löste damals einfachere, weniger zuverlässige Konstruktionen ab. Bei den seinerzeit recht preiswerten Junior-, und Special-Modellen -und dazu gehörte auch die eben beschriebene Les Paul TV - fand der sogenannte Wrap-Around Steg aber aus Gründen der Kostenreduktion bis weit in die 60er Jahre Verwendung.

P-90 Pick-Ups

Der P-90 ist ein Klassiker im besten Sinne des Wortes. Der bereits 1946 eingeführte Tonabnehmer war der erste Pick-Up, der sich auch in der harten Realität des Musikeralltags souverän bewähren konnte. Der Single-Coil Pick-Up ist bekannt für seinen druckvollen, natürlichen Sound und setzte mit seinem praktischen Design Maßstäbe, die bis in die heutige Zeit gültig haben sollten. Der P-90 ist in zwei Bauformen erhältlich. Der in der Faded eingesetzte P-90 "Super-Vintage" Soapbar (sieht aus wie ein Stück Seife) wird innerhalb der Pick-Up Fräsung befestigt, während die, wegen ihrer abstehenden "Befestigungsohren" Dog Ear genannte Bau-Variante, mit Hilfe von zwei Schrauben direkt von oben in die Decke geschraubt wird.

Der Hals

Auch der 1-teilige, eingeleimte Hals (Mensur 628mm) der Les Paul wurde aus Mahagoni gefertigt und in "Worn Yellow" lackiert. Das verwendete Halsprofil hört auf den Namen 1960 Slim Taper und wurde erstmals im Jahre 1960 vorgestellt. Das Profil ist etwas dünner als beispielsweise das Hals-Shaping einer 1959 Les Paul und lässt sich hervorragend spielen. Das nicht eingefasst Palisander-Griffbrett wurde mit 22 Bünden beschlagen. Der verwendete Bunddraht ist schmal und relativ hoch und garantiert so eine gute Intonation und ein angenehmes Saitenziehverhalten. Sauber eingesetzte Dot-Inlays im Griffbrett und auf der Sichtkante, sorgen für die nötige Lagen-Information.

Die gibsonstyle Kopfplatte setzt in einem Winkel von 17 Grad an und liefert einen optimalen Anpressdruck der Saiten auf den Sattel. Die Front der Kopfplatte ist schwarz lackiert und wird von einem goldenen Gibson-Logo und dem Schriftzug "Les Paul Model" verziert. Die Mechaniken im typischen Kluson-Design, arbeiten präzise und leichtgängig. Das Bauprinzip hat sich über viele Jahre bewährte. Ab und zu einen kleinen Tropfen Öl durch die kleine "Service-Bohrung" auf der Gehäuseunterseite geträufelt und die Mechaniken werden ein Leben lang für gute Stimmung sorgen.

Die Praxis

Trotz des verbauten Mahagonis, ist die Gitarre ein echtes Leichtgewicht. Sie hängt gut balanciert am Gurt und lässt sich sehr angenehm "händeln". Die Bespielbarkeit ist hervorragend. Der von Werk ab aufgezogene 010-046 Satz sorgt für einen ausreichenden Saitenzug und dürfte gerade Gitarristen, die sich auf das Feeling einer 648 mm Mensur eingeschossen haben, durchaus entgegen kommen (TIPP*)- Eingewöhnungszeit Fehlanzeige.

Schon unverstärkt gespielt, zeigt die Gitarre was sie kann. Der Sound ist warm, aber trotzdem brillant und transparent, mit jeder Menge Sustain. Die Ansprache ist schnell; die Abbildung detailgetreu. Der im Trockendock gewonnene Eindruck setzt sich auch im verstärkten Modus fort. In Verbindung mit den beiden P-90 Pick Ups liefert die Gitarre einen, für ein Instrument aus Mahagoni und einer kurzen Mensur, auffällig brillanten Ton. Trotzdem muss man auf das typische Quäntchen "Les Paul Wärme" nicht verzichten. Die P-90 "Super Vintage" Single-Coils machen einen hervorragenden Job und sind dank ihrer Ausgangsleistung in der Lage, auch richtig rockiges Riffing souverän mitzugehen. Dank des sehr strammen, transparenten Grundsounds der Gitarre lassen sich auch Drop D Riffs (und selbst "Ganzton" Tunings)ohne Soundmatsch-Risiko realisieren. Und es ist wirklich erstaunlich wie gut das funktioniert. Der Bridge Pick-Up ist in der Lage, (bei einem entsprechenden Amp) auch fettes New- Rock Riffing sicher und differenziert rüberzubringen. Der unterschwellige Single-Coil Charakter macht da gar nichts. Im Gegenteil! Eigentlich ist er der Wirkung der Riffs noch zuträglich und verleiht ihnen das gewisse Etwas.

Der im Riffing gewonnene Eindruck setzt sich auch im Lead-Betrieb fort. Auch hier überzeugt die Gitarre mit saftigen, sahnigen Sounds. Selbst eisenhartes Legatospiel ist mit dem Bridge Pick-Up kein Thema. In der Mittel-, und Hals-Position wird der Sound singlecoiliger und "bluesiger" - insgesamt eine Spur vintageorientierter.

Apropos! Klar, dass die Les Paul Faded DC auch im Vintage-Geschäft zu Hause ist. Bei reduziertem Gain werden coole Blues-Leads genauso unterstützt, wie angecrunchte Chord-Riffs. Auch hier verblüfft die Gitarre durch ihre extrem differenzierte, charaktervolle Performance. Ihrem Anspruch als echte Allround-Gitarre, wird die Double-Cutaway Les Paul auch im Clean-Betrieb gerecht. Von der jazzig, vollen Hals Pick-Up Bedienung, bis zu drahtigen Country-, und Funk-Sounds ist alles im Angebot.

Fazit:

Die Les Paul Faded DC ist ein echtes Allround-Instrument. Neben der erwarteten Vintage Sounds, verblüfft die Gitarre durch ihre sehr dynamische, kraftvolle Rock-Performance. Nicht umsonst verteidigen die verwendeten P-90 Pick-Ups seit sage und schreibe 55 Jahren einen der vordersten Plätze in der Pick-Up Hall Of Fame. Die Bespielbarkeit der Gitarre ist sehr gut und unterstützt alle gängigen Spieltechniken. Auch die Verarbeitung lässt keine Wünsche offen. Mit der Les Paul Faded präsentiert Gibson eine Gitarre, die optisch wie klanglich aus dem Einheitsbrei heraussticht und, dank des, für ein Instrument mit dem Gibson-Logo wirklich schlanken Preises, auch für weniger betuchte Retro-Fans eine echte Alternative darstellen dürfte. Unbedingt antesten!

Specs
  • Hersteller:Gibson
  • Model: Les Paul Faded DC
  • Finish: Worn Yellow
  • Korpus: Mahagoni
  • Hals: Mahagoni
  • Profil: 1960 Slim Taper
  • Griffbrett: Palisander
  • Halsbr.Sattel: 42 mm
  • Halsbr. 12.Bd.: 52 mm
  • Mensur:628mm
  • Bünde: 22, medium
  • Mechaniken: Kluson-Style, Gibson
  • Pickups: 2 x P 90 Super Vintage Single-Coils
  • Regler: 3-Wege Toggle Switch, 2 x Volume, 2 x Tone
  • Brücke: Tune-o matic Bridge, Stop-Tailpiece
  • Preis: 1199 Euro

     

  • *TIPP: Um in die korrekte Stimmung gebracht zu werden müssen die Saiten von Gitarren mit einer "langen" 648 mm Mensur im allgemeinen stärker gespannt werden, als die Saiten einer Gitarren mit einer kurzen 628 mm Mensur. Ein 010er Satz auf einer Strat wird sich also im allgemeinen "strammer" anfühlen, als der gleiche Satz auf einer Les Paul. Aus diesem Grund spielen viele Gitarristen, die gerne mal zwischen den beiden Instrumenten-Typen wechseln, auf der "Strat" einen 009er Satz und auf der Paula eine 010er Variante. Noch wichtiger ist die Wahl des richtigen Satzes, wenn man Drop Tunings bevorzugt. Eine Les Paul im Drop D Tuning sollte auf jeden Fall mit einer 052 E-Saite bezogen sein. Wenn man die Gitarre komplett um einen Halb-, oder sogar einen Ganzton heruntertunen will, sollte man auf einen 011-052er Satz zurückgreifen. (zurück in den Text)

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