Dampf-MaschineDas Ibanez Thermion FullstackDas verbissene Gesicht des Spediteurs und die Tatsache, dass er bemüht war seinen LKW so nah wie irgend möglich an die Eingangstür zu rangieren, ließen vermuten, dass er wieder einmal etwas richtig Sperriges abzuliefern hatte. Spätestens nach dem Öffnen der Ladeluke wurde uns klar, warum der sonst so lockere Mann, heute so ungewohnt angespannt wirkte. Im Bauch seines 7,5 Tonners warteten drei riesenhafte Kartons darauf abgeladen zu werden. Das neue Ibanez Thermion Fullstack war also angekommen. Schön! Jetzt galt es nur noch einen passenden Platz in der Redaktion zu finden und das fröhliche Stapeln konnte beginnen. Das Fundament für den imposanten Thermion-Turm bildet ein gerades TN412S 412S Cabinet, gefolgt von einer schrägen 4x12“ TN412A Box und gedeckelt vom neuen Vollröhren-Topteil TN120 Thermion. |
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Der Trend geht in Richtung Röhre: Nachdem Ibanez im Gitarrenamp-Programm der letzten Jahre hauptsächlich auf Halbleiter-Technik setzte, verblüffte die japanische Firma die Szene Ende 2005 mit dem Release des ValBee, eines 5 Watt starken, kompakten Vollröhren Übungs- und Recordingamps, mit einem Riesensound. Mit dem 120 Watt starken Thermion TN120 und zwei passenden 4x12“ Cabinets, wagt Ibanez jetzt auch den Schritt auf die Rockbühne. Und wenn ich mir das Teil so anschaue muss ich sagen: Rein optisch betrachtet, macht man mit diesem Stack im Rücken „On Stage“ garantiert Eindruck. Doch genug des oberflächlichen Geplänkels. Lasset die Spiele beginnen: Los geht’s mit dem Amp. Das Gehäuse des Thermion TN120 besteht aus 1,6 cm starkem Birkensperrholz, das mit einem leicht strukturierten Kunstleder bespannt wurde. Für ausreichend Stabilität wäre also gesorgt. Für das Stemmen des 74 x 29 x 26 cm messenden und 24 kg schwere Amps bietet Ibanez gleich zwei Möglichkeiten an. Einhand-Träger wählen den mittig angebrachten Griff. Wer lieber beide Hände verwenden möchte, der klinkt sich in die beiden seitlich angebrachten „Träger“ ein. Front und Heck des Gehäuses sind durch schwarz lackierte, „Absperrgitter“ aus gebürstetem Aluminium verschlossen. Üppig gefräste Luftlöcher sorgen für den nötigen Durchzug. Auf dem soliden, mit vier Schrauben von unten mit dem Gehäuse verschraubten Elektronikchassis, thronen die beiden Trafos (HiFi Ausgangstrafo und ein großzügig dimensionierter Ringkern-Netztrafo ) und fünf 12AX7 Vorstufenröhren (Ruby Tubes). Separate Abschirmkapseln für alle Vorstufenröhren sorgen für einen nebengeräuscharmen Betrieb. In der Endstufen-Sektion geht es „amerikanisch zur Sache“: Hier verrichten vier handselektierte 6L6GC Endstufen-Röhren (Premium Ruby Tubes, gematched) ihren schweißtreibenden Job. Der 2-kanalige Amp lässt sich wahlweise aber auch mit 6550 Endstufenröhren betreiben. Grundsätzlich sollte beim Wechsel des Röhrentyps, oder der Marke (Hersteller), ein Nachjustieren des Bias vorgenommen werden. Um an die Bias-Sektion zugelangen, muss beim TN120 lediglich die Rückplatte des Elektronikchassis abgeschraubt werden. Mit dem, am Rand des Elektronik-Chassis liegenden Bias SCHALTER, lässt sich dann mit einem Handgriff eine (grobe) Bias-Voreinstellung (Bias=Ruhestrom) für unterschiedliche Endstufen-Röhrentypen vornehmen. Dass, für die Feinabstimmung nötige Bias Trim-Poti und die Messpunkte, finden rechts und links neben dem Bias-Schalter Platz. Aber Achtung: Da im Inneren des Verstärkers Stöme von lebensbedrohlich hoher Stärke fließen, sollte man sowohl den Röhrentausch, als auch das nachfolgende Einjustieren des Bias, ausschließlich technisch qualifiziertem Fachpersonal überlassen! Zurück an die Front. Neben dem schwarzen Alu-Gitter wird die Optik der Ampvorderseite durch ein orange beleuchtetes Ibanez Logo und beleuchtete Regler geprägt. Das sieht nicht nur scharf aus, sondern erleichtert auch das Ablesen der „Pegelstände“ auf dunklen Bühnen. Der Bedienelemente des 2-Kanalers sind klar strukturiert. Verchromte Potiknöpfe (mit gut erkennbaren „0“ Fräsungen) und Metallplatten im Bereich unter der Input-Sektion, und der Ein/Aus- und Standby-Schalter bilden einen attraktiven optischen Kontrast zum schwarz lackierten Panel. Arbeiten wir uns jetzt einmal quer durch die angebotenen Front-Features. Los geht es links mit dem Input (Eingangsempfindlichkeit schaltbar). Rechts daneben folgen die Bedienelemente des Vintage-Kanals. Erstes Feature ist der Bright-Schalter, mit dem sich die Höhenwidergabe des Kanals in drei Stufen voreinstellen lässt. Der Gain-Regler dient der Anpassung des Verstärkungsfaktors und liefert, je nach Einstellung, ein breites Spektrum von Clean- bis Crunch. Der Bereich neben dem Gain-Controller ist für den klassisch passiv ausgelegten 3-Band EQ des Kanalzugs reserviert (Regler beeinflussen sich gegenseitig). Eine intensive Möglichkeit den Sound mit feinen Brillanzen zu versorgen, bietet der Presence-Regler. Der Regler arbeitet am Ende der Vorstufe und kontrolliert die Frequenzen oberhalb des Treble-Reglers. Die Anwahl des Hot-Kanals erledigt ein robuster 2-Wege Schalter. Rechts von ihm schlägt das HiGain Herz des Thermion. Den Grad und Charakter der gelieferten Verzerrung kontrolliert der Gain-Regler, in Kombination mit dem Damping-Schalter (auch per Fußschalter schaltbar). Der kleine 2-Wege Schalter verändert den Dämpfungsfaktor und damit auch die Dynamik der Performance . Dabei stellt die Out-Position die modernere Soundvariante bereit. Die In-Position liefert eher klassische Klang-Attribute (siehe unten). Womit wir beim Thema wären: Wie bei klassischen Röhrenamps üblich, beeinflussen sich auch die drei Regler der passiv ausgelegten 3-bandigen Klangregelung des HiGain Channels gegenseitig. Die Oberton-Struktur und damit die Brillanz der Performance wird über den Presence-Regler justiert. Letzte Kontroll-Instanz des Kanals ist der Master-Volumeregler. Bleiben uns noch die drei frontseitigen Bedienlemente der Effektloop. Die Loop ist röhrengetrieben, per Fußschalter, oder Panelschalter aktivier/deaktivierbar und wahlweise parallel oder seriell zu betreiben. Die Stärke des über die Send- Buchsen ausgegebenen Signals sowie die Eingangsempfindlichkeit des Return-Inputs, lassen sich über zwei separate Potis (auf der Front) einstellen eine gute Sache! Die obligatorischen Standby- und Ein/Ausschalter runden die Ausstattung des Panels ab. Werfen wir jetzt noch einen verstohlenen Blick auf die Rückseite des Amps. Hier warten insgesamt 5 separate Speaker-Outputs auf Anschluss und unterstützen so alle üblichen Boxen-Kombination (1x4 Ohm, 2x8Ohm, 1x8 Ohm, 2x16 Ohm, 1x16 Ohm). Die Ausstattung des Amps wird durch die eben schon angesprochenen Send-,Return-Buchsen, den Parallel/Seriell Switch und die beiden Anschluss-Buchsen für den 3-Wege Fußschalter komplettiert. Die Cabinets TN412A und TN412SDie beiden Thermion Fullsize-Cabinets sind echte Brummer und wiegen, jede für sich, knappe 50 Kg. Das kommt natürlich nicht von ungefähr. Die robusten Thermion Boxen werden aus 5/8“ (1,6 cm) dicken Birken-Tischlerplatten gefertigt, sind superstabil und bieten so ein optimales Resonanzverhalten. Der Boxen-Innenraum teilt sich in zwei akustisch völlig voneinander getrennte Kammern. Das bringt zum einen eine differenziertere , kräftigere Basswiedergabe, zum anderen wird so (wenn man will) ein echter Stereobetrieb möglich. Features, wie der strapazierfähige Kunstlederbezug, eine Frontbespannung aus einem speziell für diesen Einsatzzweck entwickelten Stoff und das obligatorische Ibanez-Logo, sorgen für eine coole Optik und eine hervorragende Roadtauglichkeit. Getragen werden die beiden Schränke mittel zweier, seitlich eingelassener Kunststoff-Schalengriffe. Auf geradem Untergrund garantieren vier stabile (demontierbare) Rollen eine sichere "Fahrt". Beide Boxenvarianten (S=gerade, A= schräg) sind mit jeweils vier Celestion Vintage 30 Speakern bestückt - der Referenzklasse, wenn es um amtliche Rock-Sounds geht. Die Anschlussbuchsen und der Mono/Stereo-Schalter finden auf einem leicht versenkten Panel auf der Boxen-Rückseite Platz. Die PraxisAuch wenn man beim Transport ein wenig leiden muss: Der Anblick des Thermion- Fullstacks entschädigt für so manche vergossene Schweißperle. Schalten wir das Bollwerk also mal an. Schon cool: Im Standby-Modus ist zunächst nur die Panel-Beleuchtung aktiv. Schaltet man scharf, greift auch das Leuchtmittel im Ibanez-Logo ins Geschehen ein! Der Test startet im Vintage-Kanal (Bright-Schalter normal). Der Kanal macht seinem Namen alle Ehre und geht bereits ab Gain „11 Uhr“ merklich in die Sättigung. Vor „11“ bleibt der Sound clean, so dass neben den gängigen NewRock Interlude Clean-Sounds, auch richtig authentische, superdichte Funk-, und Jazz-Sounds realisierbar sind. Und authentisch ist wirklich nicht übertrieben. Die 6L6 bestückte Endstufe macht einen richtig guten Job und versorgt den Sound, bei wachsender Lautstärke, mit einer immer dichter werdenden, satten Kompression. Und bei einer Leistung von 120 Watt muss man sich um den Lautstärke-Headroom, auch bei gemäßigten Gain-Settings „vor 11“, keine Sorgen machen. Die Power reicht vollkommen aus, um auch mit cleanen Sounds im Bandkontext die erste Geige spielen zu können. Nach „11“ ist Schluss mit der Zurückhaltung und der TN120 gleitet mehr und mehr in den Crunch. Was sich mit einer zarten, sehr dynamisch reagierenden „Zerr-Aura“ und warmem Blues-Touch ankündigt, endet im satten, klingelnden Crunch-Brett a la AC/DC und Co.. Mit Hilfe des Bright-Schalters gewinnen die Sounds an Obertönen und die Performance wird crisper. Gerade beim Akkordspiel eine coole Sache. Auch der Klangregelung des Vintage-Kanals können wir ein Lob aussprechen. Sie ermöglicht alle gängigen Soundfazetten, ohne den Grundklang des Kanals massiv zu verbiegen. Weiter geht’s im Hot Channel. Den Damping-Switch lassen wir im Augenblick noch außen vor und hören uns zunächst einmal an, was der Amp in der modernen "Grundkonfiguration" zu bieten hat. Dabei starten wir mit dem Amp-Gain in 3/4 Stellung. Die Klampfe bleibt im Standard Tuning. Schon bei geringeren Lautstärken gibt das Stack untenrum ordentlich was raus. Der Sound ist kraftvoll und tough und verfügt über ausgeprägte Mitten und Bässe, ohne dabei matschig zu klingen. Auch mit dem erhöhten Anspruch eines Drop-Tunings an eine straighte Übertragung im Bass-, undTiefmittenbereich, hat das Amp/Boxen Gespann keine Probleme. Und über das Lautstärkenangebot müssen wir uns nicht unterhalten: Der TN120 zieht gnadenlos durch. Für die Beschreibung des Klangcharakters kann man wohl am ehesten das Etikett „amerikanischer Sound“ bemühen. Richtig crispe, höhenbetont rauhe Sounds sind nur dann möglich, wenn man Presence-, und Treble weit aufdreht und die Mitten relativ stark absenkt. Das ist keine Kritik, denn der etwas nasale Grundsound des Kanalzugs wird jedem Fan amerikanischer New Metal Bands bekannt vorkommen und viel Freude machen. Und er macht nicht nur im Riffing einen guten Job. Auch für das Solieren ist der TN120 bestens geeignet. Und dann wäre da ja auch noch die Möglichkeit, das Damping zu verändern. Mit dem Scharfschalten des Damping-Features (In) wechseln die Farben der Hot-Channel und Master-LED von rot auf grün. Doch Interessanter ist, wie sich die Veränderung des Dämpfungsfaktors klanglich auswirkt. Vorher aber noch schnell ein paar Worte zum Thema Damping: Wenn ein Lautsprecher durch den Verstärker zu wenig gedämpft wird, entwickelt er ein "Eigenleben", d.h. durch sogenannte Überschwinger produziert er Töne, die im Original nicht enthalten sind. Das Klangbild verliert stark an Präzision. Bei zu großer Dämpfung hingegen wird der Sound dumpf, träge und undynamisch. Bei einer korrekten Bedämpfung klingt der Lautsprecher dynamisch, frisch und lebendig, ohne durch Überzeichnen an Präzision zu verlieren. Wie sich das ganze auswirkt, hängt aber natürlich auch maßgeblich von den Eigenschaften der angeschlossenen Boxen ab. Beim TN120 Fullstack passiert objektiv betrachtet folgendes: Bei eingeschaltetem Damping (der traditionellen Variante) verliert der Sound an Tiefmitten, die Bässe bleiben stramm und ausgeprägt und die Höhen werden durchsichtiger und etwas klarer. Parallel dazu verliert der Amp eine Spur Gain und damit Verzerrung. Vorteil hier: Gerade wenn man gerne mal richtig tief runterstimmt (Drop Db oder C) oder eine 7-String verwendet, kommt der Sound etwas definierter rüber, als mit deaktiviertem Damping-Switch. Das Ergebnis ist eine dichte „In your face“ Performance ideal für knallendes Riffing. Machen wir jetzt nochmal den A/B Vergleich und schalten den Switch zurück in die „Out“Position. Okay, alles klar. Die Verzerrung wird stärker und kommt jetzt aggressiver und fetter rüber. Die Mitten werden dichter und der Sound wirkt alles in allem kompakter und brachialer. Fazit
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